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Vortrag an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd: »Alles wird gut. Alles wird digital.«

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Ich wollte von Anfang an eigentlich gar nicht nach Gmünd. Mit der typischen Münchner Arroganz fand ich die Vorstellung von Schwäbisch Gmünd, einer kleinen Stadt auf der Schwäbischen Alb, irgendwie zu klein geraten. Entsprechend bin ich mit einer ziemlich wurschtigen Einstellung zur Aufnahmeprüfung gegangen.

Die Tests wurden in der großen Aula abgehalten, an weißen Egon Eiermann-Tischen, und waren ziemlich rätselhaft. Neben der praktischen Prüfung, bei der man irgendwas zeichnen sollte, wurden auf einem Blatt Papier alle möglichen Begriffe und Personen abgefragt. Ich kann mich nur noch an einen einzigen der abgefragten Begriffe erinnern, das war »Truman Capote«. Ich hatte keine Ahnung, wer das sein sollte und dachte mir, vielleicht wollten sie einfach nur wissen, wie man sich in einer solchen Situation verhielt. Also schrieb ich einfach irgendwas hin, das ganz selbstverständlich so klang als ob es die richtige Antwort sein könnte. Also erklärte ich, »Truman Capote« sei ein »legendärer Gangsterboss der New Yorker 1920er Jahre«.

Nach dieser schriftlichen Prüfung wurden die Anwärter zur mündlichen Prüfung einzeln in einen Raum gerufen, in dem alle möglichen Professoren und Dozenten nebeneinander saßen. Man musste sich ihnen allen gegenüber auf einen Stuhl setzen und wurde einige Fragen gefragt. Wieder kann ich mich nur an eine einzige Frage erinnern, nämlich, was man denn gestalten wolle. Ich sagte, dass ich fand, dass die Beipackzettel von Medikamenten immer so unübersichtlich seien und das man die bestimmt besser gestalten könnte, und dass das auch wichtig sei weil es ja immerhin teilweise lebenswichtige Information sei, die da drauf stünde. Ich glaube, das hatte ich von meinem Vater aufgeschnappt. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was ich eigentlich gestalten wollte (und ich weiß es erst jetzt langsam, viele Jahre später).

Nach welchen Kriterien die Entscheidung schlussendlich getroffen wurde, weiß ich nicht. Aber ich war auf einmal Zack! drin und zog einige Wochen später mit ein paar Klamotten ins Studentenwohnheim nach Bettringen. Spätestens im vierten Semster hatte mich Gmünd mit Haut und Haaren verschlungen. Erst Praxissemester bei KMS TEAM und Austauschsemester in London öffneten mir die Augen für die Welt und das Fernweh packte mich. Danach war ich in Gmünd nur noch ein Semester lang körperlich anwesend, um mein Diplom runterzureißen und mich danach ins Abenteuer Design zu stürzen.

Ich war schon lange nicht mehr dort. Umso mehr hat mich die Einladung gefreut, einen Vortrag in der Klassiker-Reihe »Mittwochsseminare« zu halten. Und darum geht’s in meinem Vortrag:

Mein Vortrag: Alles wird gut. Alles wird digital.

Technologische und menschliche Gedanken zu User Experience, User Interface und Ökosystemen.

Design wird oft dazu verwendet, die Dinge perfekt aussehen zu lassen. Jeder versucht das in Zeiten von Social Media: Ein perfektes Bild von sich selbst zu erschaffen. Dabei ist das echte Leben viel komplizierter. Und das macht automatisch auch die User Experience komplizierter. Wie gelingt es also im User Interface Design, dem Menschen mehr als nur perfekte, technologisch getriebene »Mensch-Maschine-Schnittstellen« vorzuhalten? Wie bringen wir der Maschine unsere Sprache bei, um nicht immer gezwungen zu sein, in ihrer Logik zu kommunizieren? Und wo ist die philosophische und ethische Ebene im Internet of things?

Julia Peglow-Peters, Geschäftsführerin von icon incar, Design Consultancy für Automotive User Experience und Gmünd-Absolventin, erzählt in ihrem Vortrag, was sie auf ihrem Weg durch die Designwelt seit bald 20 Jahren antreibt und gibt Einblicke in aktuelle Projekte aus dem Bereich User Experience, User Interface Design, Ecosystems und Data Discovery.

Und das schreibt die HfG:

Am 10. Mai sprach Julia Peglow-Peters von icon icar im Rahmen des Mittwochseminars an der HfG Schwäbisch Gmünd.

Zunächst ging Tengel Aas Sandtrö vom Akershus University College Oslo in seinem Vortrag „Designing for campers and nomads“ der Frage nach, welchen Herausforderungen sich Gebäude und Institutionen wie Hochschulen künftig stellen müssen. Smart Buildings können helfen, wenn Studenten, die einen festen Arbeitsplatz auf dem Hochschulgelände benötigen, auf Nomaden treffen, die spontan entscheiden, wo und wie sie arbeiten möchten.

Anschließend sprach HfG-Absolventin Julia Peglow-Peters über User Experience und User Interface Design. Die Geschäftsführerin von icon incar, Design Consultancy für Automotive User Experience, blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im Designbusiness zurück.

Nach einer kurzen Vorstellung gab sie ihre Erfahrungen als HfG-Alumna, Designerin und Geschäftsführerin in einem sich ständig wandelnden Umfeld und Anforderungsprofil in spannenden und sehr unterhaltsamen „Secrets of Adulthood“ an die Zuhörer weiter.

Ausgehend von ihrer Prämisse, dass Design oft dazu verwendet wird, Dinge perfekt aussehen zu lassen und dass das echte Leben dabei um einiges komplizierter ist, stellte Peglow-Peters anhand aktueller Projekte dar, wie damit auch die User Experience komplizierter wird. Denn wie gelingt es im User Interface Design, dem Menschen mehr als nur perfekte, technologisch getriebene »Mensch-Maschine- Schnittstellen« vorzuhalten?

Julia Peglow-Peters schlug während des Abends anhand ihres Werdegangs gekonnt einen Bogen von der klassischen Kommunikationsgestaltung aus dem Studium über die Produktgestaltung in Unternehmen zur Interaktionsgestaltung und hin zum Buzzword Big Data, Data Discovery und Chancen und Risiken des Internet of Things.

Nicht fehlen durfte der Blick in die Zukunft: Wie können wir im Zeitalter des Internet of Things Maschinen unsere Sprache beibringen, um nicht gezwungen zu sein, in ihrer Logik zu kommunizieren. Warum sagen wir dem Backofen denn nicht einfach, dass wir einen Schokokuchen backen. Sondern, dass wir eine Temperatur von 180 Grad brauchen? Und welche philosophische und ethische Ebenen im Internet of Things müssen dabei zu tragen kommen, damit am Ende wirklich alles gut wird.

Denn, und so schloss die lebhafte Veranstaltung ab und schlug damit einen Bogen zu den „Secrets of Adulthood: Auch in Zeiten von perfekten Inszenierungen, dürfen Ideale und Menschlichkeit nicht auf der Strecke bleiben, weder im beruflichen noch im privaten Umfeld.