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»Die Story des Ingenieurs« – Fachartikel in der Horizont

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Der deutsche Mittelstand, Motor der Wirtschaft

Unsere europäischen Nachbarn schauen voller Neid auf dieses Land und seine Wirtschaft. Vor allem der deutsche Mittelstand ist in seiner Art einzigartig. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gehören mehr als 99 Prozent aller deutschen Unternehmen zum Mittelstand. Sie steuern fast 55 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung bei. Mittelständische und inhabergeführte Unternehmen sind hochspezialisiert. Rund 1300 mittelständische Weltmarktführer haben mit ihren Produkten erfolgreich Nischen besetzt. Besonders stark sind deutsche „Hidden Champions“ im Maschinenbau sowie in den Bereichen Elektroindustrie und Industrieprodukte.

Die Ingenieure bestimmen den Ton im Unternehmen

Der deutsche Mittelstand ist also vor allem ingenieurs- und entwicklungsgetrieben. Das technische Know-how macht deutsche Unternehmen so erfolgreich, und die Innovationskraft. Laut der oben erwähnten Studie sind die Unternehmen des Mittelstands die innovativsten in Europa: 57 Prozent brachten im Zeitraum von 2008 bis 2010 eine Innovation auf den Markt. Die Spezialisierung der Hidden Champions war und ist der Grund für den seit Jahren steigenden Auslandsumsatz, der sich auf die 200-Milliarden-Euro-Grenze zubewegt.
So weit die Statistik. Aber was heißt das in der Praxis, in den Arbeitsabläufen? Die Ingenieure geben den Ton an, bei allen Prozessen im Unternehmen. Produkte werden ingenieursgetrieben entwickelt, von der Funktion her gedacht. Das muss so sein, glaubt man in dem Land, in dem der Buchdruck, das Auto und der Computer erfunden wurden. Das ist tief verankert in unseren Köpfen. Und irgendwie auch sympathisch. Typisch deutsch eben.
Beim Produkt geht es um Preis, Nutzen, Produktivität, Ressourcenverbrauch, Erhaltungsaufwand, Logistik, Entsorgung und mehr. Und das Marketing? Es argumentiert in einem ingenieursgetriebenen mittel­ständischen Unternehmen traditionell rational und wissenschaftlich fundiert, mit technischen Funktionen und Details, mit Zahlen, Diagrammen und Schaubildern. Oft stellt man dann fest, dass die Menschen das Produkt gar nicht verstehen, vor allem nicht erkennen, was das wirklich Neue und Bahnbrechende daran ist.

Brand Story: Eine Geschichte für Herz und Hirn erzählen

Die Zielgruppe, die das Produkt kaufen soll, besteht größtenteils nicht aus Ingenieuren, selbst wenn es sich um B-to-BKunden handelt. Viele wissen vielleicht noch nicht mal, dass es das Produkt überhaupt gibt, warum es sich lohnen würde, dafür Geld auszugeben. Wie erzählt man ihnen das alles? Die Antwort scheint einfach: Man muss den Menschen eine Geschichte erzählen. Und das ist mehr als die PzP – „Prosa zum Produkt“, wie die Ingenieure es nennen. Eine gute Geschichte geht direkt ins Herz, und dann ins Hirn. Eine Geschichte macht Technik menschlich, verleiht ihr Bedeutung, reichert sie mit Emotionen an. Eine gute Geschichte zum Produkt erzählt sich umso leichter, je mehr echte Substanz vorhanden ist.

Ein gutes Beispiel: Der Case BMW i3

Der Münchner Automobilhersteller BMW hat erkannt, dass man eine fundierte Story braucht, um Kunden zu begeistern. Neben der Innovationskraft und den zahlreichen Hightech-Funktionen gibt es zum BMW i3 wirklich packende Geschichten zu erzählen: vom unternehmerischen Mut der BMW Group über den gesamten Entwicklungsprozess, bei dem das Fahrzeug auf einem weißen Blatt neu erfunden wurde, bis hin zur konsequenten Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette. Um diese Themen in Zukunft systematisch und konsequent in der Kommunikation spürbar zu machen, haben wir die „BMW i3 Brand Story“ entwickelt.
Der zentrale Ansatz im Dialogmarketing des BMW i3 ist, bei allen Themen die Kundenperspektive zu stärken, den konkreten Kundennutzen zu formulieren und einen Alltagsbezug herzustellen. Unter dem Titel „Jetzt ist die Zeit“ haben wir nun ein erstes Mailing für den BMW i3 umgesetzt, um neue Zielgruppen fokussiert anzusprechen.

Es gibt genug Geschichten. Man muss sie nur erzählen

Diese guten Geschichten sind also da. Nur: Sie werden oft nicht erzählt. Genau das können sich die Unternehmen nicht mehr leisten. In Zeiten, in denen Produkte zwar vollgepackt mit neuen Technologien sind, aber dennoch immer austauschbarer werden, wird die Brand extrem wichtig. Hier muss die Story ansetzen. Sie ist also kein nettes Beiwerk, sondern die systematische Basis für Kommunikation und Markenführung.
Es liegt wohl grundsätzlich in der Kultur unseres Landes, dass es sich oft mit der extrovertierten, redseligen Darstellung nach außen schwertut. Die Nerds – das sind die Techniker und Ingenieure – bohren sich zwar tief in die Materie, aber sprechen ansonsten nicht gern. Anders die Angelsachsen, die schon immer gute Geschichten­erzähler waren: Sie vermarkten ihr Weltbild global, zum Beispiel durch Filme und Popsongs. Hier gibt es bei uns Nachholbedarf. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Erkenntnis, sich selbst nicht mehr nur als Unternehmen zu begreifen, sondern als Marke. Eine Marke spricht anders als ein Unternehmen, sie ist eine Persönlichkeit, die nicht nur Argumente und Fakten liefert.
Ein weiterer Grund, warum die spannenden Geschichten nicht nach außen dringen, ist die Betriebsblindheit. Man vergisst schlicht und ergreifend, die Themen draußen zu erzählen, weil sie einem einfach zu selbst­verständlich erscheinen. Besonders bitter ist es, wenn man als Pionier einer Produktinnovation auch noch versäumt hat, sich in dem neu erschaffenen Segment konsequent und flächendeckend als Instanz zu positionieren. Naturgemäß gibt es immer den frechen Angreifer in der Branche, der zwar nicht so innovations- und entwicklungsstark ist wie der Pionier, dafür aber marketingstark. Und schnell. Aus der Beobachterposition des Followers hat er einen guten Überblick über den Markt und lernt aus den Fehlern des Pioniers. Deshalb muss die Kommunikation des Pioniers vorausschauend aufgebaut werden. Die Position als Instanz muss belegt werden, mit den richtigen Schlüsselbegriffen.
Eine andere Ursache, warum diese Geschichten vor allem in der klassischen B-to-B-Kommunikation im deutschen Mittelstand bislang wenig Raum einnehmen, ist, dass „man das halt nicht so macht“. Man bedient sich traditionell bewährter Marketing-Standards, die schon lange nicht mehr hinterfragt wurden: Man spricht über das Produkt und seine Eigenschaften, man argumentiert vor allem rational. Dann druckt man eine Broschüre. Aber wer sagt denn, dass B-to-B-Menschen nicht auch begeisterungsfähig sind, wenn man ihnen eine faszinierende Geschichte erzählt? Und wer sagt denn, dass der klassische B-to-B-Anbieter nicht auch eines Tages mit dem Endkunden da draußen direkt kommunizieren muss? In dieser neuen, digitalen Welt der verkürzten Wege, in der der intelligente ehemalige Endkunde oft besser informiert ist als der Zwischen­händler oder der Fachverkäufer. Die Grenzen zwischen B-to-B und B-to-C verschwimmen. Was bleibt, ist die Story, die den Menschen begeistert.

Der Zugang zum Kunden: Seine Perspektive einnehmen

Ingenieure argumentieren technologisch und rational und vor allem immer aus dem Produkt heraus – Einbahnstraßenkommunikation. Der wahre Perspektivwechsel und ein meist revolutionärer Schritt passieren, wenn es gemeinsam mit dem Agenturpartner und seinem Blick von außen gelingt, den Blickwinkel um 180 Grad zu drehen und die Geschichten aus der Kundenperspektive zu erzählen.

Brand Story: Eine Basis für die Kommunikation schaffen

Unter dem zunehmenden Preisdruck einer globalen Wirtschaft und bei notorisch schrumpfenden Marketing­budgets kann es sich heute kein Unternehmen mehr leisten, mit Ach und Krach vorhandene kommuni­kative Kanäle zu bespielen. In einer Zeit, in der die Digitalisierung eine um die andere Branche über Nacht auf den Kopf stellt, geht es an die Grundlagen. Und das heißt nach all den Jahren der Multi­channel-Hysterie: sich endlich um den eigenen Content kümmern. Mit einer einzigartigen und facettenreichen Brand Story eine systematische und substanzielle Grundlage für die gesamte Kommunikation schaffen. USPs klar formulieren, die eigenen blinden Flecken erkennen und Themen, die man bisher vernachlässigt hat, bewusst in die Ansprache eingliedern. Die Kundenperspektive einnehmen, damit Technologie beim Menschen ankommt und verstanden wird. Leidenschaft zeigen. Das Besondere spürbar machen. Eine gute Geschichte erzählen. Als Kinder wussten wir alle, wie das geht.